letzte Kommentare / Es jemandem recht... sturmfrau / Vielleicht gibt... pito / Witzig, mir gehts... okavanga | |
Überwiegend heiter bis wolkig |
09
Oktober
Überwiegend im wirklichen Leben
Der Umzug tat wohl. Der Rechner bleibt oft aus. Die eher düstere Stimmung ist fast vollständig verschwunden. Gut so.
26
Juli
Dankbarkeit.
Von Zeit zu Zeit mache ich mir eine kleine Liste. Diese Liste erinnert mich daran dankbar zu sein und nichts als selbstverständlich zu nehmen. Ich bin dankbar (da-)für / (dar-)über
11
April
Zurechtrütteln.
Nun habe ich oberflächlich gesehen doch übertrieben. Auf Ankündigung. Fünf Bücher zum Thema "Wie wirken die Kriege, insbesondere der 2. Weltkrieg, nach?"
Ich fühle mich voller Energie, die aus Verständnis gespeist wird. Wie immer, wenn ich auf Geschichten stoße, die meine Wahrnehmung bestätigen. Nicht, dass meine Wahrnehmungen immer so präzise gewesen wären. Oft war da Nebel. Ein Fühlen, dessen Nachfragen zu mehr Verwirrung (Nebel) führte. Und doch: ich brauche Zeit um zu verdauen. Zu verarbeiten. Lasse mir Zeit zum Zurechtrütteln. Das wird mein Unterbewußtsein. Mein Halbbewußtsein für mich mich erledigen. Dann in ein paar Tagen oder Wochen nehme ich mir die Bücher nochmals zu Hand. Diesmal mit Bleistift und Papier. Um zu sortieren. Zu skizzieren. Wo erkenne ich mich wieder? Wo sind Folgen? Wo Ressourcen? Wo verstehen? Wo wird Abstand wichtig?
02
April
Energiefluss
Vor vielen Jahren begann meine Reise in meine Vergangenheit. Wissbegierig war ich schon immer - wollte verstehen - wollte fühlen. Die Schule konnte mir diese Freude am Lernen nie nehmen. So komme ich mir auch in heutigen Zeiten des "verordneten Bildungshungers" immer noch vor wie ein Exot. Wahrscheinlich weil Lernen für mich keine "Arbeit" ist, sondern ein Bedürfnis. Bis auf wenige Ausnahmen wird meine Lernfreude mit einem Kopfschütteln quittiert - quer durch alle "Bildungschichten" (wie es heute so schön heißt). Die andere Reaktion ist ein "Ist doch gut." mit steifer Körperhaltung und einem mehr oder weniger gequälten Lächeln auf den Lippen. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen es geht bei den Reaktionen weniger um das Lernen, als um meine Freude daran. Freude am Lernen und Bücher als Freunde. Meine Mutter, 1939 geboren, hatte die Schule als qualvollen Ort in Erinnerung. Von Stockschlägen berichtete sie. Auf die Hände. Eigentümlich war die emotionale Distanz ihrer Erzählungen. Als berichte sie von jemandem Anderen. Das Fühlen herunter geschluckt. Sich dabei verschluckt. Die Lebendigkeit verschluckt. Sie sprach von ihrem älteren Bruder. Meinem Onkel. Der durfte auf das Gymnasium. Sie erzählte von Nachhilfelehrern für ihn, die mit Spiegelei und Butterbrot entlohnt wurden. Davon, dass ihre beiden Brüder - einer älter - einer jünger ihr vorgezogen wurden. Von den Schlägen ihrer Mutter - meiner Oma. Der gleichen Oma, die mit mir nicht fertig wurde. Ich habe mich nicht einschüchtern lassen. So sah es jedenfalls aus. Ein starker Wille wurde mir angedichtet. Dabei war ich nur stur. Stur, verunsichert, traurig und ja neugierig. Lernbegierig. Meine Laufbahn endete vorläufig mit der Realschule - trotz Gymnasialempfehlung. Angeblich, weil mein Stiefvater schon genug für mich - sein nicht leibliches Kind - gezahlt hätte. Erst viel, viel später - nach Abschluss der Fachhochschule - begriff ich: es war klassische Eifersucht. Eine Eigenschaft, die mein leiblicher Vater ausgezeichnet habe. Und die Mutter meiner Mutter. Eifersucht auf die Aussicht, dass ich - die Tochter - ein eigenständiges Leben führen "dürfte". Ohne auf das Portemonnaie und Wohlwollen eines Mannes angewiesen zu sein. Diese Eifersucht, diese Erwartung habe in einzigartiger Weise gleichzeitig erfüllt, wie auch nicht erfüllt: Diplom ohne Abitur, Verheiratet ohne Heiraten zu müssen, Hausfrau mit eigenem Einkommen. (Einkommen aufgrund Erwerbsminderung wie es so schön heißt.) Es gab noch eine andere Eifersucht, die meine Mutter wahrscheinlich umtrieb: Sie hielt nicht das gute Verhältnis meines leiblichen Vaters zu mir aus. Ein Verhältnis, dass sie nie hatte - denn in ihren Säuglingsjahren war er im Krieg. So weit so verständlich - inzwischen. So neu - so alt das innere Wissen und Fühlen darum. Ich lernte meinen Vater vor ein paar Jahren kennen. Ein Original würde meine Mutter wohl sagen, wenn sie noch lebte. Ein Lebenskünstler, wie seine ehemaligen Kollegen voller Bewunderung sagten. Und wissbegierig sei er. Er lerne gern. Eifersüchtig - ja das ist er auf seine Weise: er kann es schwer ertragen, wenn ihm Aufmerksamkeit entzogen wird. Aber ist es denn ein Wunder. Was mag er auf der Flucht erlebt haben? Bei seiner Ankunft in Süddeutschland? An seine Mutter kann ich mich nur wenig erinnern: Entweder lag sie in einem abgedunkelten Zimmer im Bett oder sie machte mir in der Küche Nutellabrote - wie sie heute keinem Kind mehr vorgesetzt würden: das Brot daumenbreit geschnitten, eine gut sichtbare Schicht Butter darauf und mit einer Schicht Nutella mindestens zwei bis drei Mal höher als die Butterschicht .... Was diese Geschichte mit der Überschrift zu tun hat? Die Auseinandersetzung mit meiner Geschichte und der meiner Eltern (Großeltern lassen sich leider nur wenig, die der Urgroßeltern gar nicht mehr rekonstruieren) unter dem Kriegs(folgen)aspekt führt zu einer mir bisher nicht gekannten Stimmigkeit. Es ergibt Sinn. Ich verstehe. Kann nachfühlen. Da ist so viel Mitgefühl in mir. Soviel Trauer. Soviel Wut. Aber auch so viel Freude, die mit dem Unterdrücken der "negativen" Gefühle mit den Bach runter ging. Die Lebensenergie fließt wieder.
|